Nach Jahren, in denen er sich in der Schwulenszene engagierte, wechselt Michael Glatze (James Franco) die Seiten und wird zum heterosexuellen Pastor. Regisseur und Ko-Autor Justin Kelly erzählt diese wahre Geschichte mit bemerkenswerter Neutralität…
[Film bewerten]
James Franco ist nicht nur einer der allgegenwertigsten Darsteller Hollywoods (mit mittlerweile über 10 Filmen pro Jahr), sondern wohl auch derjenige, der am offensten mit Geschlechterrollen und Sexualität umgeht. Er hat nicht nur in Blockbustern wie "Spider-Man" und "Die fantastische Welt von Oz" gespielt, sondern auch in schwulen Filmen wie "Milk", "Howl" und dem von im mitproduzierten "Interior. Leather Bar." mitgewirkt. Zudem nährt er selbst immer wieder Gerüchte um und Zweifel an seiner sexuellen Orientierung.
In "I Am Michael", einem von drei Filmen, mit denen er bei der diesjährigen Berlinale vertreten ist, kulminiert er quasi all diese Widersprüchlichkeit, denn er spielt den Schwulenaktivisten Michael Glatze, der nach Jahren als Redakteur einer schwulen Zeitschrift seiner Homosexualität abgeschworen hat und heterosexueller Pastor wurde.
Auch wenn der Debütregisseur und Ko-Autor Justin Kelly Neutralität der umstrittenen amerikanischen Persönlichkeit gegenüber wahrt, so ist doch das Porträt von Glatze an sich nicht ganz unstrittig. Einige befürchten, dass der Film den Argumenten der Schwulenheiler und ihren Argumenten, dass Homosexualität eine Lebenswahl sei, in die Hände spielt. Andererseits ist dies eine wahre Geschichte. Warum also sollte sie nicht erzählt werden?
Das dachten sich auch Produzent Gus Van Sant und andere Beteiligte, die Pro-Homo sind und diesen Film dennoch unterstützen.
Ich fand "I Am Michael" in der Zerrissenheit, die James Franco darstellt, nicht nur eine der vielseitigsten Leistungen des Schauspielers, sondern auch eine interessante Einsicht in menschliche Selbstzweifel. Die Neutralität und Nichtwertung durch Justin Kelly hat mir gut gefallen und ich denke, dass der Film ganz gute Chancen auf den Teddy Award, den schwul-lesbischen Filmpreis der Berlinale haben kann. Im Laufe des Jahres könnte der Film auf einigen Festivals (z.B. den vielen schwul-lesbischen im Herbst) laufen, aber ob „I Am Michael“ trotz der prominenten Besetzung (Franco, der offen schwule Zachary Quinto, Emma Roberts sowie ein Cameo von Daryl Hannah) einen deutschen Verleih finden wird, ist noch fragwürdig.
Ihr habt diesen Film auch
gesehen? Dann könnt ihr ihn hier bewerten! Weiterempfehlen: