52. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg |
[Filme vom
52.
Filmfestival] |
02.12.2003: Text: hope |
Autorenfilm auf dem VormarschZehn Tage Festivalfieber waren Ende November in Mannheim und Heidelberg angesagt. Das bedeutet bei rund 60000 Besuchern nicht etwa gemütlich ins Kino zu gehen, wie es sonst bei Programmkinos meistens Gang und Gebe ist. Nein, man tut gut daran, sich Karten zu reservieren und rechtzeitig da zu sein, denn nicht selten waren die neun Kinosäle des Festivals ausverkauft. Das Festival genießt seit einigen Jahren ein recht hohes Ansehen unter den Independent-Filmern. Nicht nur der Wettbewerb ist heiß umkämpft, auch in der Sparte der International Discoveries laufen viele neue und interessante Filme die besonders um den Markt kämpfen. Hier ist die Frage also: Gefallen die Filme so gut, dass sie von den Verleih-Firmen gekauft werden? Hier sind auch noch die neuen deutschen Filme zu nennen, die in einer eigenen Reihe liefen. Deutsches Kino kann so eine Zukunft haben, und vielleicht wird ja der ein oder andere von einem ausländischen Verleih gekauft. Doch so ein Festival hat seine eigenen Gesetze. Das Publikum versteht sich geradezu als eine große Familie. Nebeneinander im Kino zu sitzen ist immerhin Grund genug sich vor dem Film noch über die letzten gesehenen Filme des Festivals auszutauschen, man gibt Empfehlungen oder rät aber auch von dem ein oder anderen Film ab. Und natürlich sind solche Empfehlungen ungefiltert und nicht beeindruckt von einer Medienmeinung. Seit dem vergangenen Jahr hat das Festival eine reizvolle Neuerung eingeführt. Neben den echten Premieren, also Filmen, die oft in ganz Europa noch niemand gesehen hat, wird nun in jedem Jahr ein Autorenfilmer mit dem „Master of Cinema“-Award geehrt. Im vergangenen Jahr war das Zhang Yimou, dessen Filme zum absoluten Publikumshit auf dem Festival wurden. Dieses Jahr hat man den chilenischen Regisseur Raoul Ruiz, der seit einigen Jahren in Frankreich dreht eingeladen und geehrt. So hat man einen echten Anlass für eine Retrospektive, eine Reihe vor der die Festivalmacher lange zurückgeschreckt sind. Ein Highlight des diesjährigen Festivals war der Tag der Schauspielerinnen. Hintergrund dieses Specials war ein Ausspruch des großen Truffaut: „Kino, das ist schöne Frauen schöne Dinge tun zu lassen.“ Aus dieser Inspiration hat das Festival fünf international bekannte Schauspielerinnen gebeten an einem Galaabend in einer Lesung den Film „Die amerikanische Nacht“ von Francois Truffaut neu zu interpretieren. Anna Thalbach, Leslie Malton, Carola Regnier, Johanna ter Stege und Nina Hoger folgten der Aufforderung gerne und machten bereitwillig bei dieser einmaligen Hommage an das Autorenkino mit. Viel geübt wurde nicht, so war es mehr Improvisation als Interpretation, Spaß gemacht hat es aber bestimmt jedem, der diesem Galaabend beiwohnen durfte. Parallel dazu brachte jede der Schauspielerinnen einen ihrer Filme für eine weitere retrospektive Reihe mit. Natürlich konnte man auch das Original auf dem Mannheim-Heidelberger Festival sehen. „Die amerikanische Nacht“, das bezeichnet eine Aufnahmeart, bei der Nachtszenen durch einen Filter vor dem Objektiv am hellen Tag gedreht werden können, wobei das Ergebnis immer noch aussieht als wäre es mindestens Vollmond. Im englischen heißt diese Technik übrigens „Day to Night“. Der Film „Die amerikanische Nacht“, wie könnte es anders sein, ist ein Film über das Filmemachen. Francois Truffaut spielt den Regisseur des Films im Film und interessanterweise vermischt sich die Realität des Films immer wieder mit dem zu drehenden Film. In einer weiteren Reihe wurden noch weitere Film über das Filmemachen gezeigt. Darunter ein neuer italienischer Film über den Fall Pasolinis als Dorfschulen-Lehrer, ein neuer und überaus genialer Lars von Trier-Film und interessante Sichtweisen von Fellinis Schaffen. Jedem
Kinogänger, der sich nicht scheut, neue Erfahrungen zu machen, sei
empfohlen das Festival Mannheim-Heidelberg einmal zu besuchen. Zu sehen
gibt es viele Filme, die leider nie in den deutschen Verleih kommen werden
und von denen die es nicht schaffen, kann man auch nur einen Bruchteil im
Fernsehen wieder finden. Schade eigentlich, dass der Markt von Hollywood
dominiert wird, die Alternative sind Filme, bei denen man auch mal
Nachdenken darf. Sie haben Ecken und Kanten und ein Liebesfilm hat nicht
nur eine gerade Linie, sondern nimmt auch mal einen ungewöhnlichen
Verlauf. Darüberhinaus sind Filme zu sehen, die in ihrer Machart nicht
konventionellen Regeln folgen wollen, sondern ihre eigenen Gesetze
schaffen. Wenn das nicht genügend Argumente sind, zehn Tage nur im Kino
zu verbringen?!
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