Dolphins |
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Länge | Unterhaltung | Spannung | Action | Musik | Erotik | Anspruch | Eindruck | Gesamt |
***** | * | **** | * | ***** | *** | ***** | ***** | 86% |
Kritik:
Der Theologe Paul Tillich hat einst gesagt: "Neurose ist eine Methode, das Nicht-Sein zu meiden, indem man das Sein meidet" (1962) Ob Farhad Yawari, der Regisseur, Autor und Produzent von "Dolphins", dieses Zitat vor Augen hatte, kann man beim besten Willen nur mutmaßen, es läge aber auf Grund der klaren Eindrücke und Bilder nahe:
Abtauchen zum Beginn allen Lebens, sich fangen in den blauen Wogen des Meeres, umspült von den Wassern der Freiheit mit einem Freund an der Seite: So oder so ähnlich könnte man wohl die ersten Bilder des extrem anspruchsvollen Werkes "Dolphins" begleitend formulieren. Die überaus gelungene Mischung aus Ton und Bild, insbesondere von Geräuschen und Melodien, als Metaphern genutzt, in Harmonie vereint, könnte von jedermann verstanden werden, versuchte man nur die Wirkung zu erfahren. Die fehlenden Dialoge, die in der Stille zugleich Tiefe und simplifizierte Gedanken ausdrücken, sind jedoch nicht jedermanns Sache.
Der aufmerksame Betrachter wird eine Fülle von subtilen Informationen feststellen können, die zum Verstehen von Laras Charakter wie ihrer Situation beitragen. Der gesamte Film wird im eigentlichen Sinne aus Laras Sicht geschildert. Aufgelöst in drei wesentliche Farbformen, werden ihre abgeschirmten Eindrücke zum Ausdruck gebracht. Die nüchterne Welt der Klinik, in welcher sie sich klein, verlassen, einsam und hilflos vorkommt, in der alle Menschen gegen sie sind, diese Welt wird durch klinisch steriles Weiß dargestellt. Die übrigen Patienten berühren sie kaum. Und dennoch, in ihrer Welt der Farben, des Wassers und der Wellen, bezieht sie jeden anderen mit ein. Ihre Träume fließen zwischen der Menschenwelt, in warmem sonnigen Goldgelb und dem tiefem Blau der grenzenlosen Freiheit der Meere hin und her. Kaum sieht Lara Wasser, und sei es nur ein Tropfen des lebenspendenden Elixiers, so beschäftigt sie sich nur noch mit ihren auf diesem beruhenden, inneren Eindrücken, tanzt um dieses Symbol und bezieht ihre Außenwelt mit ein. Selbst die vermeintlich so gemeine und harte Oberschwester (Annette Kreft), kann sich dem Bann ihrer Imaginationen nicht entziehen und lässt sich - hingerissen von dem Moment - selbst zu einem Objekt der geschaffenen Realität machen.
Die Pfleger sehen in Laras Verhalten, der Verweigerung von Nahrungsaufnahme und jeglicher Kommunikation mit Pflegern und dem behandelnden Arzt, eine ernsthafte Gefahr für sich sowie für die anderen Patienten der Klinik. Einzig und allein der junge Pfleger Jakob (Marco Hofschneider) lässt sich - freien Willens - auf die Gedanken der jungen Frau ein, ist fasziniert von ihrer kleinen heilen Welt. Er gibt sich Mühe, Lara zu verstehen, er erkennt ihre Wünsche und hilft ihr, ihre Welt noch realer zu gestalten, als ihre Phantasie es so schon zulässt. Jakob baut ein Vertrauensverhältnis zu Lara auf, ohne Zwang und Druck, einzig und allein über Verständnis, das ihr von keiner anderen Seite zugestanden wird. Mit so einfachen Dingen wie einer Zeichnung vom Meer, einer Muschel, in der das Rauschen des Meeres zu hören ist, baut er eine Beziehung zu ihr auf, in der stumme Blicke mehr sagen als tausend Worte. Langsam verlässt sie ihre katatonische Abgeschiedenheit und nimmt ihre Umgebung mit graduell zunehmender Stärke wahr (zum ersten Mal erfasst Lara den Klang eines Wassertropfens).
Interessante Ansätze sind die Einflüsse von Laras Person und Gedanken auf die sie umgebenden Patienten, die jede von ihr aufgebrachte Assoziation am eigenen Leibe mitbekommen. Sie hören die in Laras Geist entstandenen Melodien genau so wie das Rauschen des Meeres. Bis zum Ende, ihrer imaginisierten Flucht aus der Anstalt, formt Lara ihre Ängste um und transportiert den Schmerz von sich weg. Farhad Yawari spielte auch mit Sprichworten wie "über den eigenen Schatten springen" und setzte diese in einer gelungenen Weise filmisch um. Es ist außergewöhnlich, wie viel Emotionen von den Darstellern allein durch Gestik, Mimik und Blickkontakte vermittelt werden. Für die Realisten und vermeintlich Kultivierten stellt dieser Film sicherlich nichts weiter als einen trockenen Beitrag auf teurem Zelluloid dar. Für jeden phantasiebestrichenen Betrachter jedoch eröffnet sich mit "Dolphins" eine wahre Explosion von Eindrücken und Gedanken.
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