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Subtilität und Andeutungen sind für Doris Dörrie Fremdwörter. Was Hannelore Elsner und Elmar Wepper an fragilen Emotionen aufbauen, zertrümmert die Regisseurin mit dem Holzhammer. Schade.
Kritik:
Was würde ich tun, wenn mir ein Arzt mitteilt, dass mein Mann nur noch wenige Wochen zu leben hat und ich mit ihm noch mal etwas Schönes unternehmen soll? Würde ich ihm davon erzählen? Würde das etwas in unserer Beziehung ändern? Was mache ich, wenn mein Mann im Grunde gar nichts unternehmen will, er möchte vielleicht am liebsten alles so belassen, wie es ist.
Diese und andere Fragen stellt sich Trudi (Hannelore Elsner) in den ersten Minuten von Doris Dörries neustem Werk “Kirschblüten“. Trudi hat nämlich genau so einen Mann, der nichts an seinem Alltag verändern möchte. Aus der bayerischen Provinz kommt Rudi (Elmar Wepper) nicht raus und selbst, wenn er seine Kinder in Berlin besucht, so kommt die bayerische Provinz nicht aus ihm raus. Und nach Japan zu ihrem dritten Kind kriegt man ihn schon mal gar nicht. Obwohl gerade Japan das Land ist, von dem Trudi schon immer träumt. Doch Rudi verschließt seine Sinne vor ihren Wünschen.
Doris Dörrie baut an dieser Stelle eine Wendung ein, die so niemand erwartet hätte: Nicht Rudi stirbt, sondern Trudi. Die drei Kinder des Paares wissen nicht, was sie nun tun sollen, philosophieren über die Ungerechtigkeit der Welt, wie soll denn ihr Vater nur allein zurechtkommen? Rudi kann offenbar auch nicht gut mit seinem neuen Alltag leben und so will er allein verwirklichen, wovon Trudi immer träumte und was er jahrelang erfolgreich verhindert hat: Er reist nach Tokyo um seinen Sohn zu besuchen, den Fuji zu sehen und den Butoh-Tanz zu erleben.
Zwei wichtige Themen unserer Gesellschaft stellt der Film dar: den Generationen-Konflikt, die Entfremdung von engsten Familienmitgliedern, die nichts miteinander anzufangen wissen und den Umgang mit Trauer, zunächst bei Trudi, die um ihren todkranken Mann weint, dies jedoch immer wieder mit Tricks kaschiert, später bei Rudi, der nun um seine zuerst verstorbene Frau trauert und dies mit der Einlösung ihres Lebenswunsches tut. Die Duplizität der Ereignisse zeigt sich außerdem durch die Spiegelung in der Namenswahl der beiden Hauptdarsteller.
Die Entfremdung der Eltern von ihren erwachsenen Kindern fand schon vor der Zeit der Erzählung statt. Klaus (Felix Eitner), Karolin (Birgit Minichmayr) und der in Tokyo lebende Karl (Maximilian Brückner) wollen sich nicht um ihre Eltern kümmern. Im Gegenzug wissen die Eltern aber auch gar nicht, was ihre Kinder so tun, ob sie in ihrem Beruf glücklich oder erfolgreich sind und wie es um den jeweiligen Partner steht. All das wurde bei all den Familientreffen unter den Tisch gekehrt. In diesen Szenen des Films zeigt sich die gute Beobachtungsgabe, die Frau Dörries Werk durchgehend auszeichnet. Das Schauspielerensemble tut sein Übriges und verhilft der Geschichte zu ihrer notwendigen Glaubwürdigkeit.
Als Elmar Wepper jedoch allein durch die japanische Metropole zieht, dabei die Strickjacke und den Rock seiner Frau über seiner Kleidung trägt und dieser hinterlassenen Kleidung das Land zeigt, da wirkt der Film zum einen grotesk und zum anderen fällt hier ein anderes Merkmal von Dörries Filmen auf: Sie traut ihrem Publikum keine Deutung zu. Jede Handlungsfeinheit wird bis ins letzte Detail erklärt. Zerredet und überbewertet. Auch ohne diese merkwürdig anmutende Marotte des Witwers hätte wohl jeder verstanden, warum er diese Reise aus seinem geliebten Bayern auf sich nimmt. Die Wiederholung des Motivs macht es dann wirklich nicht besser, versalzt hingegen das zuvor mühsam und gut gekochte Gericht.
Trudi (Hannelore Elsner) und Rudi (Elmar Wepper)
Ein weiterer Vorwurf geht an die Kameraarbeit, wobei ich nicht weiß, inwiefern ich dem Kameramann Hanno Lentz einen Vorwurf machen kann und inwiefern es an den Bedingungen der Produktion lag. Dennoch möchte ich nicht verheimlichen, dass es an Blendenproblemen und damit zusammenhängender Überbelichtung viel zu ertragen gibt. Gerade durch die Digitalkamera, mit der aufgenommen wurde, fällt dies besonders auf. An scharfen Einstellungen mangelt es dem Film hingegen erheblich.
Schließlich bleibt mir zu sagen, dass der Film für Freunde von Dörries Werk ein weiteres Kapitel ist, in dem es wenig Überraschungen gibt. Nachgedacht werden muss nicht, das macht Frau Dörrie schon für uns. Hirn abschalten und mit Piccolo im Kino sitzen, das perfekte Abendprogramm für Ärztegattinnen.
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Fakten |
Originaltitel: Kirschblüten - Hanami
deutscher Kinostart am: 06.03.2008
Genre: Dramödie
Regie:
Doris Dörrie Länge: ca. 127 Minuten FSK der Kinofassung: ab 12 freigegeben mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt Kinoverleih: Majestic/Fox
Dieser Film wurde bewertet von: hope(42%)
Texte: hope
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