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Ari Folmans animierte Doku ist eine faszinierende Mischung aus Comicroman und Antikriegsfilm und untersucht die Geschehnisse um den Krieg Israels mit dem Libanon 1982. Interviews Beteiligter werden durch Zeichentrick veranschaulicht und erfahrbar gemacht. Einmalig!
In den Träumen von Boaz Rein-Buskila hetzen 26 wilde Hunde durch Tel Aviv.
Inhalt:
Veteran Boaz Rein-Buskila träumt seit einiger Zeit von 26 wilden Hunden, die durch Tel Aviv jagen und sich unter seinem Fenster versammeln. Boaz weckt seinen Freund Ari Folman, um mit ihm über seine Erinnerungen an den Libanon-Krieg 1982 zu reden, die diese Albträume auslösen. Boaz erinnert sich an kaum etwas, nur an jeden einzelnen der 26 Hunde, die er als Vorhut erschießen musste, weil sie sonst die auf die libanesischen Dörfer vorrückende israelische Truppe verraten hätten.
Ari kann sich ebenfalls an kaum etwas erinnern, was den Einfall der israelischen Armee in den Libanon betrifft, nur eine einzige traumartige Szene ist in sein Gehirn eingebrannt: Ari und zwei Armeekollegen steigen aus dem Meer und die Nacht in Beirut, der libanesischen Hauptstadt, wird von Leuchtraketen erhellt. Ari weiß, dass er in irgendeiner Form am Massaker von Sabra beteiligt war, aber er kann sich einfach nicht erinnern.
Ari Folmans Erinnerung an die Massaker zeigt eher traumhafte Szenen.
Im Gespräch mit seinem besten Freund Ori Sivan, der ihm psychologische Ratschläge gibt, wird deutlich, dass Ari diese Episode seines Lebens aufarbeiten sollte. Aus diesem Grund sucht Ari seinen Freund Carmi Cna’an (Yehezkel Lazarov) in den Niederlanden auf, der nur zum Militär gegangen war, weil er ein Problem mit seiner Männlichkeit hatte. Carmi kann Ari auch nicht viel weiterhelfen.
Nach und nach werden Ari durch weitere Gespräche mit Ori, mit dem ‚Schwimmer’ Ronny Dayag, mit dem Patchouli liebenden Shmuel Frenkel, dem Fernsehjournalisten Ron Ben-Yishai und dem Panzerkommandanten Dror Harazi weitere Erinnerungen bewusst. Ari kommt immer näher an das heran, was im Libanon und in Sabra im Speziellen geschah.
Palästinensische Flüchtlinge werden aus dem Lager in Sabra, Beirut, geführt.
Kritik:
Eine Dokumentation als Animationsfilm, das ist innovativ, kreativ und überraschend, vor allem aber ist es intensiv. Animationsfilme sind bis auf wenige Ausnahmen eher märchenhafte Kinderfilme à la Disney, doch lassen sich auch Kriegsgräuel damit darstellen. So ist Ari Folmans "Waltz With Bashir“ mit gewalt(tät)igen Bildern und unheilschwangerer Musik ausgestattet. Natürlich erfährt der Stoff damit einerseits die surreale Färbung eines Comicromans, aber andererseits einen ästhetischen Anreiz, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen, denn wirklich neu ist der Antikriegsinhalt nicht.
Die Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern von Sabra und Schatila (in Beirut) wurden als Völkermord eingestuft. Sie waren Vergeltungsschläge der christlich-libanesischen Phalange-Milizen für die Ermordung des libanesischen Präsidenten Bachir Gemayel, der vor seiner Amtseinführung durch eine Bombenexplosion getötet wurde. Selbst dem damaligen Außenminister Ariel Sharon wurde eine Mitschuld an dem Genozid zugewiesen, weil ihn die israelische Regierung stillschweigend geduldet hat. Die in "Waltz With Bashir“ dargestellten Vorfälle stehen natürlich im größeren Zusammenhang des israelischen Vorgehens gegen die Palästinenser (siehe dafür auch die Dokumentation "The Color of Olives“ von 2006 über den Mauerbau in Gaza).
Ironisch zur Musik choreographiert: So schön kann Krieg sein!
Inhaltlich spannender ist die Auseinandersetzung mit menschlichem Gedächtnis, Traumata und Verdrängung. Folmans Beschäftigung mit seinem eigenen Vergessen führt natürlich nicht an der Frage vorbei, wie stark Gedächtnis konstruiert ist: Wie viel von dem, an das wir uns erinnern, hat tatsächlich so stattgefunden und wie viel haben wir nachträglich abgeändert oder fabuliert? Wie sehr ist also den Aussagen der Interviewten nach über 20 Jahren zu trauen?
Die implizierte Antwort des Filmes muss natürlich lauten, dass immer nur der objektiven Unmittel- und Unveränderbarkeit einer Doku zu trauen ist. Deswegen endet der Film in realen Videoaufnahmen des Massakers, die dazu dienen, die Richtigkeit der Ich-Erzählungen zu bestätigen. Selbstverständlich gibt es für die meisten Geschichten, wie z.B. der des Schwimmers Ronny, keine Archivbilder. Somit dramatisiert die Animation die mündlichen Überlieferungen, ohne den Aussagen die Wirklichkeitskraft eines Realbildes zu verleihen.
Die Form dient hier also eindeutig dem Inhalt, wertet diesen aber durch die Ver-Spielfilm-lichung enorm auf. Ein schnöde gefilmtes Interview hätte keine Zuschauer gelockt, der außergewöhnliche Zeichentrick schafft dies hingegen zuhauf. Fasziniert von der visuellen Trickkunst wird der Zuschauer in verstörende, ironisch gebrochene Schicksale hineingezogen, die alle durch den roten Faden des Massakers von Sabra verbunden sind. Vom ersten Bild an lässt "Waltz With Bashir“ den Zuschauer nicht mehr los. Cineclub-Filmtipp!
Der junge Ari Folman findet sich in der Absurdität des Libanon-Krieges
wieder...
Hintergrund:
- Als erster animierter Film für einen Oscar in der Kategorie "Bester Ausländischer Film" nominiert.
- Der Gewinner des Golden Globes und des französischen Césars als bester ausländischer Film, sowie zahlreicher weiterer Preise lief als offizieller Wettbewerbsbeitrag in Cannes.
- Weil Carmi Cna’an sich zwei Tage vor Drehbeginn weigerte, wird seine Geschichte vom Schauspieler Yehezkel Lazarov erzählt.
Auf dem als Love Boat getarnten Kriegsschiff verfällt Carmi in
Phantasmagorien.
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Fakten |
Originaltitel: Vals Im Bashir (Original) / Walzer mit Bashir (D-Alternativ)
deutscher Kinostart am: 06.11.2008
Genre: Antikriegsfilm / animierter Dokumentarfilm
Regie:
Ari Folman Länge: ca. 86 Minuten FSK der Kinofassung: ab 12 freigegeben mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt Kinoverleih: Pandora-Film
Dieser Film wurde bewertet von: Martin (91%)
Texte: Martin
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Datum | Uhrzeit | Sender |
27.02.2016 |
23:05 |
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08.09.2014 ²) |
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