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Die Perlmutterfarbe landet zufällig in Alexanders (Markus Krojer) Tasche und er verfängt sich in einem Lügengespinst. Aus seiner Feigheit erwächst ein ernster Konflikt. Rosenmüller erschuf einen heimatlichen, bittersüßen Kinderfilm für fast alle Leute.
Inhalt:
1931, vor der Machtergreifung Hitlers, geht der 13-jährige Alexander (Markus Krojer) auf die Realschule eines kleinen bayrischen Dorfes. Zu seinem Freundeskreis gehört Lotte (Zoë Mannhardt), für die Alexander schwärmt, an die er sich aber nicht herantraut. Auch der Tüftler Maulwurf (Dominik Nowak) ist sein Freund. Gemeinsam spielen sie in einer verlassenen Industriehalle und dort zeigt Maulwurf ihnen seine neuste Erfindung: die Perlmutterfarbe.
Schon bald steht in der Schule der große Malwettbewerb an und mit der schillernden Farbe scheint Maulwurf der Sieg sicher zu sein. Durch Zufall landet jedoch das volle Farbfläschchen in Alexanders Ranzen. Trotz lautstarken Protests hat sich Alexander von B-Karli (Paul Maria Beck), einem Mitschüler aus der Parallelklasse B, ein wertvolle Buch ausgeliehen. Daraus möchte er für den Malwettbewerb Bilder abpausen, doch durch einen weiteren dummen Unfall ergießt sich die halbe Flasche Perlmutterfarbe über das Buch.
Tüftler Maulwurf (Dominik Nowak) ist der Erfinder der Perlmutterfarbe.
B-Karli will das Buch zurückhaben, weil er den Zorn seines Vaters fürchtet. Von B-Karli aufgeschreckt fällt Alexander in seiner Hast nichts anderes ein, als das Buch zu vernichten. Jetzt steht Alexander nicht nur vor dem Problem, das Buch zu ersetzen. Er müsste sich auch noch Maulwurf gegenüber rechtfertigen, was er mit der Hälfte der Perlmutterfarbe gemacht hat. Also verschweigt Alexander lieber, dass er das Fläschchen hat, während die ganze Klasse in heller Aufregung danach sucht. Zudem erfährt Alexander endlich, dass sein Vater nicht auf See verschollen sein kann.
Selbst als der neue Mitschüler Langer Gruber (Benedikt Hösl) den Verdacht auf B-Karli lenkt, hält Alexander den Mund. Ein erbitterter Klassenkampf zwischen A und B bricht aus. Alexanders Notlüge entzweit ihn aber auch von seinen Freunden und spaltet die A-Klasse. Gruber ruft die straff organisierte Gruppe ELSDA ins Leben und macht Alexander zum Kassenwart. Mit dem ihm anvertrauten Geld könnte Alexander zumindest B-Karlis Buch ersetzen. Doch je länger Alexander seine Lügen aufrechterhält, desto schlimmer wird der Konflikt.
Alexander (r., Markus Krojer) im Gespräch mit seinem Schwarm Lotte (Zoë Mannhardt).
Kritik:
Ein bisschen Harry-Potter-Fantasie im verschneiten, dörflichen Bayern, dann wieder faschistoide Zusammenrottung, Schikane, Militarisierung. Marcus H. Rosenmüllers Verfilmung von Anna Maria Jokls gleichnamigen Roman weiß die Welt durch die Augen eines Kindes zu sehen: die Dorfkonditorei ist die größte Verlockung, im Schnee muss man unbedingt eine Schneeballschlacht machen, Erwachsene sind wundersame Wesen und kleine Fehler werden zu lebensbedrohlichen Problemen.
Rosenmüller hat 2006 mit seinem Debütfilm „Wer früher stirbt, ist länger tot“ einen überraschenden Treffer gelandet, 1,8 Millionen Zuschauer ins Kino gelockt und den Heimatfilm neu belebt. „Die Perlmutterfarbe“ ist nun sein sechster Film in kürzester Zeit und mangelt nicht an kreativen Einfällen wie Maulwurfs Lügendetektor. Man könnte darin aber auch ein Sammelsurium fremder Ideen erkennen, aber es ist alles in sich stimmig. Der bayrische Akzent ist hier weniger abschreckend als in Rosenmüllers Erstlingswerk.
Da war die Welt noch in Ordnung. Oder?
Die romantisch verschneiten Bilderbuchbilder, die in den oberfränkischen Dörfern Weidenberg und Bad Berneck und im oberbayrischen Kloster Raitenhaslach gedreht wurden, sind bis ins kleinste Detail märchenhaft ausgestattet und erschaffen eine fast magische, längst vergangene Welt ohne Computer, Videospiel und Handy. Dieses ruhige Umfeld schafft Raum für kindliche Fantasie und Freundschaft. Doch dieses naive Idyll ist bedroht von Feigheit, Machtwünschen und totalitärer Gruppendynamik. Bald verliert die kindliche Welt alles Spielerische.
Die jüdische Schriftstellerin Anna Maria Jokl, die auch für die UFA arbeitete, schrieb die Geschichte Ende der 1930er im Exil in Prag, veröffentlichte den Roman mit dem Untertitel „Ein Kinderroman für fast alle Leute“ aber erst 1948 nach der Naziherrschaft. Eine 1950 geplante Verfilmung scheiterte und es dauerte 60 Jahre, bis sich Rosenmüller des Stoffes annahm. Die Umsetzung wartet mit wunderschönen Bildern und tollen Kinderdarstellern auf, doch wird sie vor allem Jugendlichen gefallen. Für Erwachsene ist vermutlich der Faschismusbezug interessant, doch auch die Welt wieder mit Kinderaugen zu sehen, ist verlockend.
Eine Folter der besonderen Art...
Hintergrund:
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Fakten |
Originaltitel: Die Perlmutterfarbe
deutscher Kinostart am: 08.01.2009
Genre: Jugendfilm / Abenteuer
Regie:
Marcus H. Rosenmüller Länge: ca. 103 Minuten FSK der Kinofassung: ab 6 freigegeben Kinoverleih: Constantin
Dieser Film wurde bewertet von: Martin(75%)
Texte: Martin
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Datum | Uhrzeit | Sender |
10.02.2015 ²) |
01:15 |
ZDF |
²) Sendezeiten bis 05:00 Uhr sind in der Nacht zum Folgetag.
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