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Harvey Milk (Sean Penn) bekleidete als erster offen schwul lebender Amerikaner ein öffentliches Amt und wurde eine Art Märtyrer für die Schwulenbewegung. Gefühlvoller Aufruf, offen zu dem zu stehen, der man ist, und für Gleichberechtigung und Gleichheit nach der amerikanischen Verfassung zu kämpfen. Mit Josh Brolin und James Franco.
Inhalt:
Einige Zeit vor seiner Ermordung am 27.11.1978 beginnt Harvey Milk (Sean Penn), seine Memoiren bezüglich seiner politischen Karriere und seines Kampfes für die Rechte Schwuler auf Kassette einzusprechen. Sein Liebesleben lässt sich durch seinen offenen Lebensstil nicht von seinem politischen Engagement trennen.
Als Harvey 1970 in der Nacht vor seinem 40. Geburtstag dem 22 Jahre alten Scott Smith (James Franco) in New York City begegnet und eine Liebesbeziehung mit diesem eingeht, lebt er selbst noch ein verstecktes Leben. Kurz nachdem das Paar 1972 nach San Francisco zieht, eröffnet Harvey den Fotoladen 'Castro Camera' im Herzen des Stadtteils Castro, der immer populärer unter Schwulen wird.
Harvey Milk und sein Partner Scott (James Franco) sind stolz auf die Eröffnung ihres Fotoladens.
Seine Erfahrung als Geschäftsmann setzt Harvey verstärkt gegen die Vorurteile der irisch-katholischen Nachbarschaft und für die Rechte Schwuler ein. Auf diese Art und durch seine wiederholte Kandidatur für öffentliche Ämter scharrt er eine immer größere Gruppe Gleichgesinnter um sich, setzt sich aber gleichermaßen Anfeindungen aus.
Scott, der Harvey anfangs tatkräftig bei seinen Kampagnen unterstützt, fühlt sich mehr und mehr vernachlässigt, weil Harvey mit jeder neuen Kandidatur mehr Zeit für die Politik benötigt. Schließlich kann Scott es nicht mehr ertragen und verlässt Harvey, der bald eine eigenwillige Beziehung mit dem etwas unausgeglichenen Mexikaner Jack Lira (Diego Luna) eingeht.
1977 gelingt es Harvey endlich, sich gegen seine Mitbewerber durchzusetzen und in den Stadtrat gewählt zu werden. Harvey sieht in seinem dortigen Kollegen und Familienvater Dan White (Josh Brolin) einen verkappten Schwulen und einen möglichen Verbündeten.
Dan White (Josh Brolin) hat Streit mit Harvey Milk (Sean Penn).
Das Ende der 70er ist eine Zeit, in der in vielen US-Bundesstaaten für und gegen die Gleichberechtigung von Schwulen gekämpft wird. Darin tut sich besonders Anita Bryant hervor, die als erste Gegenkämpferin dafür sorgt, dass in Florida Schwulenrechte eingeschränkt und schwule Lehrer entlassen werden. Dasselbe versucht Senator John Briggs (Denis O'Hare) mit dem Antrag 'Proposition 6' in Kalifornien durchzusetzen. Dies ist die Zeit für Harvey, all sein politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen…
Kritik:
Gespickt mit Archivaufnahmen hat die Filmbiographie "Milk" ein wenig das Flair einer Dokumentation, was ein großer, gewinnender Punkt des Filmes ist, ermöglicht dies doch, ein starkes, beinahe nostalgisches Gefühl für diese Zeit zu vermitteln – eine kämpferische Zeit, die die jüngere Generation nicht miterlebt hat, deren Früchte sie aber in den letzten Jahren immer mehr geerntet hat. Ältere Schwule wundern sich häufig, wo der politische Einsatz der jungen geblieben ist. Veranstaltungen wie der Kölner Christopher-Street-Day, der aus einer Protestdemonstration entstanden ist, gleichen heutzutage einem sommerlichen Karneval.
Die Zeiten der Unterdrückung und Verheimlichung, dann die Zeit der Quotenschwulen scheinen im neuen Jahrtausend überwunden und Schwule vollkommen akzeptiert zu sein, wie die acht Oscar-Nominierungen und zwei Prämierungen (Sean Penn als bester Darsteller und Dustin Lance Black für das Drehbuch) für "Milk" beweisen. Geebnet wurde dieser Sieg von "Brokeback Mountain" vor zwei Jahren. Der Kampf ist gewonnen, also kann gefeiert werden! Aber bedeuten solche Auszeichnungen in der Filmbranche, in der wie in jeder Kunstrichtung viele Schwule arbeiten, wirklich, dass Schwulsein im Alltagsleben auf der Straße ebenso normal geworden ist?
So sehr diese Filmbiographie auch eingefangener Zeitgeist der 1970er und die vermutlich erste große filmische Auseinandersetzung mit der Schwulenbewegung aus Sicht schwuler Filmemacher ist, so problematisch bleibt der filmische Kontext. Zwar leben sowohl der Regisseur Gus Van Sant als auch der Drehbuchautor Dustin Lance Black seit langem offen schwul und haben sich häufiger mit Außenseiter- und schwulen Themen auseinandergesetzt, doch alle großen Rollen in "Milk" sind mit vorzeigbaren Heterosexuellen besetzt.
Dies soll nicht heißen, dass das Schauspielerensemble nicht herausragende Leistungen zeigt. Ganz im Gegenteil ist die Darstellung bis ins kleinste Detail so gelungen, dass wie bei "Brokeback Mountain" zuvor Fragen aufgeworfen wurden, ob nicht James Franco oder einer der anderen Darsteller doch schwul ist.
James Franco als Kämpfer für die Rechte von Schwulen und Partner von Harvey Milk.
Einerseits ehrt es die Schwulenbewegung, dass sich heterosexuelle Filmstars für dieses Thema einsetzen. Andererseits ist das der springende Punkt: Gerade in den USA, wo mit der Präsidentenwahl im letzten Jahr die Rechte Schwuler in Kalifornien wieder eingeschränkt wurden, müssen schwule Rollen von Heterosexuellen gespielt werden, um halbwegs akzeptiert und massenfähig zu sein. Homosexuelle Schauspielergrößen scheint es wiederum im Hollywoodland so gut wie keine zu geben. Darüber täuscht auch nicht hinweg, dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences bei ihrer diesjährigen Verleihung eine recht eindeutige Sympathiegeste gemacht hat.
Die Lanze der Schwulenbewegung ist durch einige errungene Kompromisse abgestumpft und so sollte der Filmgenuss von "Milk" gleichzeitig eine Erinnerung an Schwule wie an Heterosexuelle daran sein, dass erst mit der Akzeptanz aller Randgruppen ein Volk in Eintracht leben kann und dieses Ziel noch lange nicht erreicht ist. Wenn jeder seinen Mitmenschen eine ähnlich tiefe Sympathie entgegenbringen würde wie diese warmherzige Filmbiographie seinen Figuren – selbst den Widersachern –, dann sähe unsere Welt gewiss viel freundlicher aus.
Harvey Milk lässt sich feiern. Rechts in blauer Jeansjacke sein Liebhaber Jack Lira (Diego Luna).
Hintergrund:
- Die "Milk"-DVD kommt mit einigen sehenswerten, lehrreichen Extras. Die drei Featurettes "Marsch für Gleichberechtigung" (7 min), "Erinnerungen an Harvey Milk" (13 min), "Hollywood kommt nach San Francisco" (14 min) und ein "Blick hinter die Kulissen" (3 min) vermitteln durch Interviews mit Freunden Milks, Zeitzeugen, Schauspielern und Filmemacher, wie wichtig Harvey Milks sozio-polititscher Einsatz war und wie sehr Gus Van Sant und andere Beteiligte auf Authentizität hingearbeitet haben. So lernt man z.B. fast beiläufig von Gilbert Baker, dass er es war, der 1978 für Milk die schwule Regenbogenflagge erschuf. Die Deleted Scenes (3 min) hätten hingegen umfangreicher ausfallen können und fast ein Drittel der zusätzlichen, kurzen Interviews (insgesamt 13 min) ist bereits in den Featurettes zu sehen. Eine sorgfältigere Auswahl ohne ständige Wiederholung wäre wünschenswert gewesen. Die Darstellerinfos (Filmografieauswahl) der Extras sind auch im 4-Seiten Booklet abgedruckt. Zusätzlich enthält die DVD insgesamt sieben Filmvorschauen.
Emile Hirsch (Mitte) als Menschenrechtsaktivist Cleve Jones.
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Fakten |
Originaltitel: Milk
deutscher Kinostart am: 19.02.2009
Genre: Biopic / Drama
Regie:
Gus Van Sant Länge: ca. 128 Minuten FSK der Kinofassung: ab 12 freigegeben mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt Kinoverleih: Constantin
Dieser Film wurde bewertet von: Martin(85%)
Texte: Martin
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Synchronsprecher
Schauspieler | Synchronsprecher |
Sean Penn | Tobias Meister |
Emile Hirsch | Dirk Stollberg |
Josh Brolin | Marcus Off |
TV-Termine
Datum | Uhrzeit | Sender |
20.01.2023 ²) |
00:20 |
One |
16.01.2023 |
23:35 |
One |
²) Sendezeiten bis 05:00 Uhr sind in der Nacht zum Folgetag.
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