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Als sein Orchester schließt, wechselt Cellist Daigo (Masahiro Motoki) unerwartet den Beruf und wird Bestatter. Seine Frau Mika (Ryoko Hirosue) empfindet dies als würdelos und stellt ihn vor die Wahl: Ehre oder Ehe. Einfühlsames Drama mit warmem Humor und großartigen Cellosoli. Oscar-prämiert.
Inhalt:
Daigo Kobayashi (Masahiro Motoki) ist sehr glücklich, dass er Cello in einem Orchester in Tokio spielen kann, und hat sich für ein gutes Instrument hoch verschuldet. Leider ist das Orchester nicht sehr erfolgreich, weswegen es kurzum geschlossen wird. Daigos Frau Mika (Ryoko Hirosue) hat zwar Arbeit, aber den Kredit für das Cello können die beiden nicht abzahlen. Also muss Daigo seine Karriere als professioneller Musiker an den Nagel hängen und das Cello verkaufen.
Um Geld zu sparen, ziehen Mika und Daigo in seine Heimatstadt Sakata an der japanischen Westküste in das Haus, welches ihm seine Mutter hinterlassen hat. Mika kann auch von dort ihrer Tätigkeit nachgehen, doch Daigo muss sich etwas Neues suchen. In der Zeitung findet er die Anzeige von der NK-Agentur, die auf ‚Reisen’ spezialisiert ist. In der Annahme, dass es sich um ein Reisebüro handelt, begibt sich Daigo zu einem Bewerbungsgespräch dorthin.
Als Daigo das Büro betritt, erfährt er, wofür NK wirklich steht: für ‚nokan’, ein Aufbahrungszeremoniell. Daigo hat noch nie eine Leiche gesehen. Als seine Mutter starb, war er im Ausland, und sein Vater hat ihn als Kind verlassen. Die Vorstellung, mit Toten zu arbeiten, behagt ihm nicht, aber der wortkarge Chef Shoei Sasaki (Tsutomu Yamazaki) überrumpelt ihn mit einer sofortigen Einstellung und einem hohen Gehalt. Allein für das Vorstellungsgespräch bekommt Daigo einen Bonus, doch vor seiner Frau verheimlicht er seine neue, gar nicht so einfache Tätigkeit.
Gleich an seinem ersten Arbeitstag muss Daigo für eine Demonstrations-DVD eine Leiche spielen und am zweiten Tag bekommen Sasaki und Daigo einen Auftrag für eine Frau, deren Tod zwei Wochen lang nicht bemerkt wurde. Trotz der anfänglichen Übelkeit gewöhnt sich Daigo allmählich an seinen neuen Beruf. Den Geruch des Todes wäscht Daigo bei regelmäßigen Besuchen im öffentlichen Badehaus von seinem Körper, doch alte Bekannte in der Stadt finden seine Arbeit anrüchig. Schließlich findet Mika die DVD und verlangt von Daigo, dass er bei Sasaki kündigt.
Kritik:
Der Tod ist in vielen Kulturen ein schwieriges Thema und trotz der Bestattungszeremonien ist er ein Tabuthema in Japan. Deswegen nähert sich „Nokan – Die Kunst des Ausklangs“ dem Thema behutsam, einfühlsam und zugleich mutig-humorig an. Die Optik ist alles andere als düster und der warme Humor lockert die Geschichte auf, ist überraschend und katalytisch, beinahe süß, aber nicht schwarz. Immerhin muss dieses sensible Thema angemessen respektvoll angepackt werden. Die reduzierte Ästhetik der Bildsprache würdigt die Gedanken reinigende Kraft der zeremoniellen Wiederholung.
Der japanische Originaltitel des Films, „Okuribito“, bedeutet der Abschiednehmende und dies ist sein Hauptsujet, denn trotz aller Gelassenheit treten immer deutlicher unterschwellige Probleme des Abschiednehmens zu Tage: Daigo weiß nichts über den Verbleib seines Vaters und hat bei der Beerdigung seiner Mutter nicht zugegen sein können; er muss seinen Traum, ein Profimusiker zu sein, und, wie Mika auch, einige moralische Vorstellungen fahren lassen; und natürlich verabschieden sich im Laufe des Films mehrere Familien von ihren Verstorbenen.
Gleichzeitig zielt der Film trotz vieler Abschiede auf etwas sehr Versöhnliches hin: Mika erkennt bei ihrer Anwesenheit bei Daigos kunstvollen Nokan-Zeremonien, wie hingebungs- und würdevoll dieser arbeitet, und freundet sich schließlich mit dessen Beruf an; Daigo findet in einem ungeahnten Berufsfeld seine Berufung und erfährt mehr über den Verbleib seines Vaters, während Sasaki ihm ein geduldiger Mentor ist. Der Tod bringt ungeahnte Einsichten und die zeremonielle Aufbahrung Trost. Letztendlich siegt das Leben über den Tod und die Liebe über das Tabu.
Nach dem ersten zeitlichen Vorgriff der Eröffnungssequenz erzählt „Nokan“ Daigos Geschichte von Selbstfindung und Frieden-Schließen chronologisch, doch mit einigen Rückblenden. In geduldigen 130 Minuten entsteht eine komplexe Gefühlskomposition, die berührt, aber nicht rührselig ist. Gegen Ende des Films häufen sich Aufbahrungsszenen, was trotz der Schönheit der Zeremonie ein Stück weit zu langweilen beginnt wie das Instrumentalsolo des Door-Lieds „Light My Fire“.
Takitas Regie gibt den Darstellern viel Raum zur Entfaltung, den diese wahrhaft zu nutzen wissen. Ryoko Hirosue („Wasabi – Ein Bulle in Japan“) hat dabei die schwierige Aufgabe, die etwas flach geschriebene Rolle der Mika mit Charakter zu erfüllen, was ihr ziemlich gut gelingt. Sasaki-Darsteller Tsutomu Yamazaki ist durch seine Erfahrung wesentlich souveräner: 1984 spielte er bereits im Film „Beerdigungszeremonie“ (jap. „Ososhiki“) mit und 1993 unter Takitas Regie in „We Are Not Alone“.
Masahiro Motoki („Shall We Dance?“, „The Bird People in China“), Hauptdarsteller und fester Anker des Films, unterbreitete Regisseur Yojiro Takita („The Yin Yang Master“, „When the Last Sword is Drawn“) die Idee für die Geschichte und zusammen arbeiteten sie gute 10 Jahre an dem Projekt. Passend zum Thema des Films haben sowohl Motoki als auch Takita ihre Richtungen verändert: In den 80ern war Motoki Mitglied der erfolgreichen japanischen Boyband Shibugaki Tai und Takita drehte am Anfang seiner Karriere Sexfilmchen.
Extra für den Film lernte Motoki die Bestattungsriten eines Nokanshis und Cello zu spielen. Gerade die herzerweichenden Instrumentalstücke geben „Nokan“ ein gehöriges emotionales Moment, welches trotz der zurückhaltenden Kamera- und Regiearbeit den Zuschauer tief bewegt. Zu Recht bekam dieser einfühlsame Film nicht nur überraschend den Auslands-Oscar 2009und 10 Preise der japanischen Filmakademie, sondern auch viele weitere internationale. Cineclub-Filmtipp!
Hintergrund:
- Der englische Filmtitel lautet „Departures“.
- „Nokan – Die Kunst des Ausklangs“ basiert lose auf dem autobiographischen Roman „Nokanfu Nikki“ (engl.: „Coffinman: The Journal of a Buddhist Mortician“) von Aoki Shinmon.
- Der Cellokredit von 18 Millionen Yen beträgt umgerechnet etwa 125.000 Euro und Daigos Monatsgehalt von 500.000 Yen ca. 3500 Euro.
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Fakten |
Originaltitel: Okuribito
deutscher Kinostart am: 26.11.2009
Genre: Drama / Sittenkomödie
Regie:
Yojiro Takita Länge: ca. 130 Minuten FSK der Kinofassung: ab 12 freigegeben mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt Kinoverleih: Kool
Dieser Film wurde bewertet von: Martin(93%)
Texte: Martin
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