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leer Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen


Länge Unterhaltung Spannung Action Musik Erotik Anspruch Eindruck Gesamt
**** * ** - **** ** **** *** 69%
 

 
Die wichtigsten Eckpunkte des Lebens der heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179) setzt Autorin und Regisseurin Margarethe von Trotta recht uninspiriert und leidenschaftslos in Szene. Ein deutscher Film eher für ein Spartenpublikum als für Schulklassen.

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Hildegard (Barbara Sukowa) wandelt im Klostergarten.


Die gerade einmal 8-jährige Hildegard (Stella Holzapfel), ein adliges Mädchen mit seherischen Fähigkeiten, wird in das gemischte Benediktinerkloster Disibodenberg gegeben. Die Magistra Jutta von Sponheim (Mareile Blendl), die unter dem strengen Abt Kuno (Alexander Held) die Frauenabteilung des Klosters führt, nimmt Hildegard in ihre Obhut. Sie ist Hildegard nicht nur eine Mutter, sondern auch eine weise Lehrerin, die all ihr Wissen an Hildegard weitergibt.

Als die Magistra stirbt, entdeckt die mittlerweile erwachsene Hildegard (Barbara Sukowa), dass die Magistra sich zeitlebens mit einem Dornengürtel selbst kasteit hat. Weil Hildegard die engste Vertraute der Verstorbenen war, wird sie von ihren Mitschwestern zur neuen Magistra gewählt, und vertieft durch Lektüre ihr Wissen über Heilkräuter und gibt dieses an ihre Schwestern weiter. Allein Schwester Jutta (Lena Stolze) ist eifersüchtig auf die Gunst, die Hildegard erfährt.

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Hildegard offenbart Bruder Volmar (Heino Ferch) ihre Visionen.

Hildegards Visionen werden stärker und sie teilt dies im Vertrauen dem Mönch Volmar (Heino Ferch) mit. Dieser ermutigt sie, auf ihr Herz zu hören, und berichtet Abt Kuno von Hildegards Gesichten (Gottesschau). Nicht nur der Abt reagiert ablehnend. Die Synode erwägt Exkommunizierung wegen Gotteslästerung. Aber Hildegard ordnet sich den Männern nicht unter. Stattdessen sucht sie Beistand bei Bernhard von Clairvaux, dem bedeutendsten Mystiker der Zeit und Kirchenlehrer, und durch Bernhards Zuspruch beim Papst erhält Hildegard die Erlaubnis, ihre Visionen aufzuschreiben, welche bald ganze Bände füllen.

Die 16-jährige, adlige Richardis von Stade (Hannah Herzsprung) wünscht allein wegen Hildegard ins Kloster einzutreten und tatsächlich wächst die lebhafte Richardis Hildegard schnell ans Herz, doch soll Richardis selbst Äbtissin woanders werden. Die junge Nonne Clara (Paula Kalenberg) begeht Selbstmord, weil sie schwanger ist, und dann fordert die Stimme ihrer Vision Hildegard auf, mit ihren Schwestern ein eigenes Kloster zu gründen. Dies trachtet Abt Kuno ihr zu verweigern, weil den Frauen großzügige Schenkungen gemacht wurden, die er nicht verlieren will.

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Novizin Richardis (Hannah Herzsprung) bei ihrer feierlichen Profess.


Die heilige Hildegard von Bingen war nicht nur Äbtissin, Seherin und Verfasserin bändefüllender Abhandlungen über Theologie, Ethik und Kosmologie, sondern zugleich Heilkundige. Ihre ganzheitliche Behandlung beinhaltet neben der Hinwendung zu Gott auch Kräuter, selbst geschriebene Musik und Heilsteine. Dieses ganzheitliche Wissen erfährt in den letzten Jahrzehnten eine Renaissance. Dennoch war es ihre Prophetie, die sie zu einer der wichtigsten Frauen des Mittelalters und u.a. zu einer Beraterin Kaiser Barbarossas machte.

Filmemacherin Margarethe von Trotta ("Rosenstraße", "Die verlorene Ehre der Katharina Blum") hat sich der über 800 Jahre alten Lebensgeschichte Hildegards angenommen und erzählt in "Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen" hauptsächlich die Episoden des selbstbewussten Kampfs gegen die männerdominierte weltliche und geistliche Ordnung jener Zeit – die Heilerin Hildegard dargestellt als Feministin.

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Richardis' Mutter (Sunnyi Melles) begleitet den Umzug ins neue Kloster bei Bingen.

Der Film macht deutlich, dass Hildegard von Bingen die Ansicht vertrat, dass erst die Seele gesunden muss, damit der Körper folgen kann. Immer wieder werden Kräuter oder auch mal Erde dafür eingesetzt – Hildegard die Kräuterkundige wird sehr klar herausgearbeitet, schließlich vertrat sie auch, dass nur mit einem gesunden Körper die Annäherung an Gott stattfinden kann. Dennoch verbleibt der Film in weltlich-körperlichen Sphären. Welche geistige und geistliche Seelsorge Hildegard walten ließ, bleibt dabei eher verschlossen.

Hildegards Musik kommt ebenfalls bloß beiläufig vor und richtig klar wird nicht, ob sie die dargestellte Musikaufführung auch selbst geschrieben hat. Ihre letzten Jahre als Wanderpredigerin werden zum Ende des Films angedeutet. Immerhin wird durch Richardis die bereits damalige Verehrung Hildegards versinnbildlicht – Hildegard als mittelalterlicher Popstar.

Obwohl sich fast die gesamte Geschichte hinter Klostermauern abspielt, fehlt ein wenig das religiöse Leben: kaum Darstellungen des Betens, Kirchenriten, Klostergemeinschaft. Dennoch wird durch das Kammerspiel die Klausur, d.h. die Zurückgezogenheit, des Klosterlebens deutlich: die Außenwelt spielt kaum eine Rolle und der Blick ist allein auf Hildegards Erleben fokussiert.

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Hildegard lehrt ihre Schwestern (rechts: Paula Kalenberg).

Die episodisch abgehackte Dramaturgie des Filmes gibt nicht viel Grund zur Spannung, charakterisiert aber Hildegard recht vielschichtig. Z.B. verblasst einerseits Hildegards Konflikt mit Ordensschwester Jutta, ohne einen Höhepunkt oder Auflösung zu finden; andererseits wird durch Richardis auch eine egoistischere Seite Hildegard gezeigt. Die titelgebenden Visionen jedoch werden weder inhaltlich vertieft, noch wird hinterfragt, wie sehr Hildegard diese Visionen und auch ihre eigene Krankheiten zum Selbstzweck nutzte.

Das Faszinierendste am Film ist neben den mittelalterlichen Kloster-Drehorten, der Ausstattung und der Musik die allgemeine optische Ästhetik, die im Gegensatz zum Schauspiel, Make-up oder Drehbuch überzeugen. Manchmal profitiert der Film von der beweglichen Kameraarbeit, manches Mal stört die Wackeligkeit die Ästhetik. Am Schlimmsten ist jedoch der eine augenfällige Digitaleffekt: Hildegards Vision des göttlichen Auges erinnert enorm unpassend an das bedrohliche Feuerauge Saurons in der Trilogie "Der Herr der Ringe".

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
Alle Informationen zur Person Hildegard von Bingen (Wikipedia)

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Fakten
Originaltitel:
Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
 
deutscher Kinostart am:
24.09.2009
 
Genre:
Filmbiographie / Drama
 
Regie:
Margarethe von Trotta
 
Länge:
ca. 111 Minuten
 
FSK der Kinofassung:
ab 12 freigegeben
mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt
 
Kinoverleih:
Concorde
 
Dieser Film wurde bewertet von:
Martin(69%)
 
Texte:
Martin
 
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DatumUhrzeitSender
21.05.2016 15:00 Eins Fest.
27.03.2016 ²) 01:30 3Sat
²) Sendezeiten bis 05:00 Uhr sind in der Nacht zum Folgetag.
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