Zeiten des Aufruhrs |
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Länge | Unterhaltung | Spannung | Action | Musik | Erotik | Anspruch | Eindruck | Gesamt |
**** | *** | **** | * | *** | *** | ***** | ***** | 83% |
Inhalt:
Eigentlich sind die Wheelers ein Traumpaar, das wunderbar in die Gesellschaft der späten 60er Jahre passt: Frank (Leonardo DiCaprio) geht jeden Tag ins Büro und verdient das Geld, während April (Kate Winslet) auf die Kinder und den Haushalt aufpasst. Doch der Schein trügt: Nachdem Aprils Karriere als Schauspielerin gescheitert ist, sucht diese zunehmend nach dem Sinn im Leben und trauert ihrer früheren Freiheit hinterher. Als sie schließlich die Idee entwickelt, einfach das wohl behütete Leben in der amerikanischen Vorstadt aufzugeben und mit ihrem Mann und den Kindern nach Paris umzuziehen, setzt sie eine tragische Entwicklung in Gang, die schließlich unaufhaltbar wird. Denn die Reisepläne stehen von Anfang an unter keinem guten Stern. Nicht nur, dass Frank ausgerechnet jetzt eine Affäre mit der Büro-Schreibkraft Maureen (Zoe Kazan) anfängt und April zeitgleich entdeckt, dass sie erneut schwanger ist. Auch Franks ehrenhafter Versuch, durch ein absichtlich provokantes Schreiben gefeuert zu werden, treibt plötzlich in der Firma seltsame Blüten. Und zu allem übel gibt es auch noch den Nachbarn Shep (Richard Easton), für den es unerträglich ist, dass die Frau, die er seit Jahren heimlich liebt, plötzlich wegziehen soll...
Kritik:
Wie wohl kaum ein anderes Drama der letzten Jahre lebt dieser Film von nahezu der ersten Sekunde an von der intensiven (Nach-)Wirkung seiner Dialoge. Ohne dass je ein ablenkendes Detail im Bild wäre, hat Sam Mendes diese Verfilmung der Romanvorlage von Richard Yates auf eine Art inszeniert, die es dem Zuschauer ermöglicht, sich ganz auf die Wirkung der Affronts auf den jeweiligen Empfänger zu konzentrieren. Insbesondere Kate Winslet hat hierbei eine Mammutaufgabe bewältigt, ist sie es doch, die zumeist als Antipodin einzustecken hat und dabei mit Blicken, Körpersprache und geschicktem Minenspiel weitaus mehr vermittelt, als der Leser des Romans vor seinem geistigen Auge aufgrund der gesprochenen Worte allein je hätte entwickeln können. Leonardo DiCaprio überrascht nach "Blood Diamond" ein weiteres Mal mit sehr überzeugendem Spiel, gefällt auffallenderweise ausgerechnet in Szenen, in denen er selbst durch die Worte seiner Arbeitskollegen vor den Kopf gestoßen wird, und schafft es zudem im letzten Filmdrittel, durch sein überzeugendes und gleichzeitig realistisches Auftreten den Zuschauer zu fesseln und völlig in das Filmgeschehen hineinzuziehen.
An dieser Stelle muss aber noch eine weitere Rolle ganz besonders hervorgehoben werden: John Givings, der Sohn von Franks und Aprils Vermieterin Helen, gespielt von Michael Shannon. Er kehrt nach einiger Zeit aus psychiatrischer Behandlung zurück und übernimmt in der angepassten Welt des Vorstadtlebens die Aufgabe des Hofnarren, des Trägers einer höheren Weisheit, der allein die Freiheit besitzt, dem König ungestraft die Wahrheit zu sagen. John äußert seine Meinung in aller Deutlichkeit und Anstößigkeit. Für die unreflektierten Eltern sowie die kritiklose Gesellschaft zu der Zeit muss John einfach wahnsinnig wirken, weil er nicht an ihrem stumpfsinnigen System teilnimmt und weswegen er behandelt werden muss im Versuch, ihn wieder ins System zu integrieren. Über April mit ihrem Freiheitswunsch, mit dem sich der heutige Zuschauer vornehmlich identifiziert, hängt ebenfalls das Damoklesschwert einer Psychiatrisierung. Deswegen fühlt sich April ab einem gewissen Punkt nur noch von John verstanden. Zum gleichen Zeitpunkt nimmt Frank, hin und her gerissen zwischen seinen unverwirklichten Träumen und seinem wachsenden Wunsch nach Anpassung, größten Anstoß und Ärger an Johns entblößender Wahrheit, denn er erkennt die heilende Wirkung der närrischen Spiegelung nicht mehr.
Nur an ganz wenigen Stellen musste Sam Mendes sich filmischer Hilfsmittel oder besonders dekorierter Kulissen bedienen, um einzelne Aussagen zu unterstreichen – und trifft dabei jedes Mal ins Schwarze. Sei es der leise Nebel am Straßenrand, die Blumenbilder auf der Blümchentapete der Nachbarn zum Stichwort Tapetenwechsel oder die eine oder andere Aufnahme in grellem Gegenlicht.
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