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Wer amerikanische und deutsche Comedy Serien liebt, muss sich bei der schwedischen Serie Solsidan – von wegen Sonnenseite auf einen anderen Humor einlassen. Auf den ersten Blick sieht man viel Vertrautes, so dass sich permanent die Frage stellt: Was ist daran witzig? Aber ist man willens, aus seiner Komfortzone herauszutreten, erkennt man die Absurditäten des eigenen Alltags auf herrlich witzige Art als Spiegelbild vorgehalten.
Inhalt:
Alex (Felix Herngren) zieht mit seiner hochschwangeren Freundin Anna (Mia Skäringer) in das elterliche Wohnhaus, das in einem typischen Mittelschicht-Vorort von Stockholm liegt. Margarete (Mona Malm), die Mutter von Alex, kann sich von ihrem alten Zuhause nicht trennen und besteht weiterhin auf einem eigenen Zimmer im Haus. Diese Distanzlosigkeit provoziert Anna. Alex, mit der Situation vollkommen überfordert, versucht, zwischen Mutter und Freundin zu vermitteln. Mit keinem bisschen Konfliktfreude ausgestattet, stapft Alex dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste und bringt beide gegen sich auf.
Da kann ihm auch sein Jugendfreund Fredde (Johan Rheborg) nicht helfen, der in direkter Nachbarschaft lebt. Fredde und seine Frau Mikkan (Josephine Bornebusch) sind reich und zeigen dies auch gerne. Alex bekommt immer wieder ungewollt Ratschläge, was das „Richtige“ ist. Dabei stellt sich Fredde nicht die Frage, ob sich sein Freund dies leisten kann oder nicht.
Vervollständigt wird das Szenario durch Ove (Henrik Dorsin), ebenfalls ein Jugendfreund. Wobei „Freund“ wohl nur aus Oves Sicht heraus Bestand hat. Alex lernt schnell, dass man Ove nichts leihen sollte.
Kritik:
Tja, das ist so eine Sache mit dem Humor. Worüber lacht man? Die Frage stellt sich kaum. Wer macht sich Gedanken darüber, warum dieser Witz Lacher provoziert und jener Witz nicht.
Nach den ersten beiden Folgen von Solsidan habe ich mich genau dies aber gefragt. Ich habe die DVD in die Hand genommen und versucht, zu verstehen, wie „Le Monde“ zu der Aussage kommt: „Die Sitcom, bei der sich die Mittelschicht vor Lachen biegt.“ Dieser Satz, unten rechts auf das Cover gedruckt, verspricht viel und hat auch mich dazu gebracht, die 1. Staffel der Sitcom zu schauen.
Aber habe ich mich vor Lachen gebogen? Nein. Ich habe über die Macken von Fredde und Mickan geschmunzelt und ich habe mich für Alex fremdgeschämt.
Jede der ca. 22 Minuten langen Folgen zeigt den „normalen“ Alltag. Der Witz entsteht nicht dadurch, dass Alltagssituationen total überzogen dargestellt werden, sondern eben nur ein wenig. In der 6. Folge will Mikkan den perfekten Kindergeburtstag vorbereiten. Sie unterhält sich mit drei Müttern auf dem Spielplatz und bekommt schnell zu verstehen, dass ein Clown „so was von out“ ist. Das Essen muss ja mindestens von einem stadtbekannten Caterer kommen. Mikkan fühlt sich in die Ecke gedrängt und behauptet, genau dieses schon längst geplant zu haben.
Mikkan ist überhaupt ein gutes Beispiel dafür, wie diese Sitcom tickt. Als Frau eines sehr erfolgreichen Geschäftsmannes, ist sie das Abbild eines Trophy-Weibchens. Blond, schlank, immer perfekt gestylt.
In einer amerikanischen Serie hätte sie diese Rolle mit Überzeugung und falscher plumper Selbstsicherheit gespielt, die beim Zuschauer das Gefühl der Überlegenheit erzeugt hätte. Aber hier wird eine Frau dargestellt, die sich ihres Status bewusst ist, die aber auch Angst hat, diesen richtig auszufüllen. Das birgt eine andere Art von Witz und das ist ungewohnt. Die Figur setzt sich nicht von unserer Lebenswirklichkeit ab, sondern imitiert sie, reflektiert sie. Da kommt man eher ins Grübeln als sich vor Lachen zu biegen.
Hat man das einmal akzeptiert, dann ist diese Serie wirklich witzig.
Ove ist der heimliche Star der 1. Staffel. Ove ist geizig, penetrant anbiedernd und vollkommen schamlos. Es ist herrlich, die Tauffeier für Oves und Anettes Tochter mitzuerleben. Die Gäste sitzen bei Salzstangen und Getränken aus Plastikbechern in einem fürchterlich sterilen Veranstaltungsraum und lassen sich von Ove auch noch das Geld aus der Tasche ziehen. Hier gibt es kein sich in Frage stellen, Ove ist wie er ist und findet sich dabei vollkommen in Ordnung.
Jede Serie braucht eine gewisse Anlaufzeit bis die Figuren rund sind und auch das Timing stimmt. In Schweden sind fünf Staffeln dieser Serie gelaufen und ich hoffe, dass die anderen auch noch auf den deutschen Markt gebracht werden.
Hintergrund:
Die erste Staffel ist in deutscher Synchronisation am 24.08.2018 bei Edel:Motion erschienen (2 DVDs).
Jetzt
solsidan (sofern schon verfügbar)
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bei momox.de verkaufen.
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Fakten |
Originaltitel: Solsidan
Produktionsjahr: 2010 - 2015
Genre: Komödie / Sitcom
Laufzeit/Folge:
ca. 22 Minuten
Diese Serie wurde bewertet von: PeTra(64%)
Texte: PeTra
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