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Eigentlich möchte Joanna (Margaret Qualley) Schriftstellerin werden. Zunächst arbeitet sie aber als Assistentin der Literaturagentin Margeret (Sigourney Weaver), die den Autor J. D. Salinger vertritt. Dessen Fanpost berührt Joanna zutiefst und soll ihr Leben für immer verändern. Philippe Falardeau hat die Buchvorlage von Joanna Rakoff für die Leinwand adaptiert und eine detailverliebte Komposition aus Bild und Musik erschaffen. In der insgesamt gelungenen Synchronisation ist aber leider eine Kernaussage unter den Tisch gefallen.
Inhalt:
Eigentlich lebt Joanna (Margaret Qualley) seit langem in einer festen Beziehung mit Karl. Doch als sie ihre Schulfreundin Jenny (Seána Kerslake) in New York besucht, beschließt sie spontan, dort zu bleiben, um ihren Traum, als Autorin zu arbeiten, zu verwirklichen. Doch zunächst braucht sie einen Job. Den erhält sie bei der Literaturagentin Margaret (Sigourney Weaver), jedoch nur, weil sie ihre Leidenschaft für das Schreiben verleugnet, wie es ihr die Jobvermittlerin geraten hat. Joannas Aufgabe ist es nun, Diktate von Margaret abzutippen und die Fan-Post von J. D. Salinger zu lesen, mit einer Standardantwort abzulehnen und zu vernichten. Schnell lernt sie die vielen sehr persönlichen Briefe schätzen. Einige sogar so sehr, dass sie sich hinreißen lässt, eine Antwort zu schreiben – natürlich unter ihrem eigenen Namen, denn J. D. Salinger selbst beantwortet schließlich seit Jahrzehnten keinerlei Fanpost.
Auch privat läuft es für Joanna zunächst gut. In einem Buchladen lernt sie den Jung-Autoren Don (Douglas Booth) kennen, mit dem sie gemeinsam in eine kleine Wohnung zieht. Unterschwellig aber weiß Joanna, dass sie keine Sekretärin sein will, sondern Autorin. Außerdem vermisst sie Karl. Als sie bei einem Termin in D.C. beinahe Salinger persönlich begegnet und plötzlich ihrem Karl (Hamza Haq) gegenüber steht, wird ihr klar, dass es so nicht weitergeht. Endlich liest sie Salingers „Der Fänger im Roggen“ und dann sieht sie alles mit völliger Klarheit vor sich.
Kritik:
Die Kraft der Worte mit Bild und Musik umzusetzen ist eine besondere Kunst. Philippe Falardeau hat dieser Herausforderung angenommen, zusätzliche Inspiration bei Mozart gefunden und eine fantastische Riege an Darstellern zusammengestellt. Neben den bravourös in den Hauptrollen agierenden Margaret Qualley und Sigourney Weaver punkten vor allem Colm Feore, Seána Kerslake und natürlich Douglas Booth in den Nebenrollen. Immer wieder harmonieren Kamera und Musik perfekt. Die einzelnen Personen und die Berufung zum Schreiben werden dabei durch unterschiedliche Instrumente inszeniert und spiegeln den emotionalen Konflikt wider, den Joanna durchlebt. Unterstützt wird dies durch eine kräftige Bildsprache, z.B. bei den von einer Wand getrennten, sich den Rücken zu drehenden Liebenden oder beim der Vorstellungskraft Joannas entsprungenen Ball-Tanz.
Die Figur der Margaret, die zunächst wie ein Abklatsch von „Der Teufel trägt Prada“ angedeutet wird, entwickelt zum Filmende hin mehr und mehr eine persönliche, sehr menschliche Seite, was Sigourney Weaver sehr gut zum Ausdruck bringt. Das finale „I understand.“ wirkt daher authentisch und kraftvoll.
Ein sehr gelungenes filmisches Mittel hat Philippe Falardeau für die Inszenierung der Briefe an Salinger eingesetzt: Zunächst erhalten die Autoren der Fanpost Gesichter und sprechen direkt in die Kamera, danach werden sie aber zu vollwertigen interagierenden Figuren aufgewertet, sowohl reale als auch nur in Joannas Fantasie existierende.
Da J.D. Salinger das Hauptthema von „My Salinger Year“ (so der Originaltitel) ist, spielt natürlich die Sprache eine zentrale Rolle. Ebenso die Kraft, die sie entfaltet, wenn sie gezielt und verspielt eingesetzt wird. An einer Stelle werden vermeintliche Tippfehler in einer im New Yorker veröffentlichten Kurzgeschichte thematisiert, dessen Korrektur für eine Neuveröffentlichung Salinger sich verbittet und die ihm sehr wichtig zu sein scheinen. An einer späteren Stelle liefert der Film ein Beispiel, dass in der deutschen Synchronisation leider untergegangen ist: Der Tippfehler „I can be quiet emotional“ bedeutet nämlich nicht etwa „sehr berühren“, sondern deutet auf Unterdrückung von Emotionalität hin, weil man diese eben nicht zeigen darf. Und genau das ist es, was Joanna, Salingers Figur Holden und den Autor der Fanpost vereint. Es lohnt sich, den Film (auch) im Originalton anzuschauen (zumal man dann die tolle Musik ein zweites Mal genießen kann).
Dieses auf einer wahren Geschichte beruhende und auf der Romanvorlagen von Joanna Rakoff basierende Drama ist gleichsam unterhaltsames, kurzweiliges, brillant gespieltes und detailverliebtes, als harmonische Komposition von Kamera und Musik inszeniertes Kino zum Genießen.
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Fakten |
Originaltitel: My Salinger Year
Festivalvorführungen ab: 20.02.2020 auf DVD/Blu-ray ab: 23.09.2021
Genre: Drama
Regie:
Philippe Falardeau
Dieser Film wurde bewertet von: RS(86%)
Texte: RS
Vertrieb (für Heimkino): Koch Films
FSK der Heimkino-Fassung: ab 0 freigegeben / Freigegeben ohne Altersbeschränkung
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