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Die HBO-Serie „Looking“ (in Deutschland auf Sky zu sehen) erzählt die Geschichten und universell nachfühlbaren romantischen Probleme dreier schwuler Freunde in San Francisco unaffektiert, mit entspannter Natürlichkeit und aufrichtigen Gefühlen.
Inhalt:
Der Künstler Agustín (Frankie J. Alvarez) zieht bei seinem besten Freund Patrick (Jonathan Groff) aus, um mit seinem Langzeitpartner Frank (O.T. Fagbenle) in einem günstigeren Vorort von San Francisco zu leben. Agustin hatte seit Langem keine kreative Idee mehr, schlägt sich irgendwie durch und versucht, seine Beziehung zu Frank durch einen gelegentlichen Dreier am Laufen zu halten.
Der Spieleentwickler Patrick verliebt sich in den mexikanischen Friseur Richie (Raúl Castillo), von dem seine versnobbte Familie wohl nicht sehr begeistert wäre. Gleichzeitig bekommt Patrick mit dem Briten Kevin (Russell Tovey) einen neuen Chef, mit dem es von Anfang an knistert, aber überhaupt nicht gut läuft.
Patricks und Agustins guter Freund Dom (Murray Bartlett), ein Kellner, verfällt kurz vor seinem 40. Geburtstag in eine Krise. Eigentlich würde er sich gerne mit einem eigenen Restaurant selbständig machen, aber dafür fehlt ihm das Geld. Doch dann lernt er den älteren Blumenhändler Lynn (Scott Bakula) kennen, der ihm bei der Verwirklichung seines Traums helfen möchte.
Happy Couples: Frank (O.T. Fagbenle) und Agustín (Frankie J. Alvarez) / Patrick (Jonathan Groff) und Richie (Raúl Castillo).
Kritik:
Kann man nach der erfolgreichen, scheinbar allumfassenden "Queer as Folk" noch eine neue, eigenständige Serie über Schwule machen? Ja, kann man. Schöpfer Michael Lannan, auf dessen Kurzfilm "Lorimer" von 2011 die Serie basiert, hat sich mit Ausnahmeregisseur Andrew Haigh zusammengetan und für den amerikanischen Pay-TV-Sender einen ganz anderen Ansatz gewählt.
"QaF " war eine vollständig anglosächsische Geschichte und insbesondere das in Pittsburgh spielende US-Remake hochglänzende Stereotypie. Wie auch bei "QaF" geht es bei "Looking" hauptsächlich um romantische und erotische Beziehungen der schwulen Freunde und die vielen kleinen oder größeren Fehler, die sie zwischenmenschlich machen. Aber die Produzenten Lannan und Haigh beschränken sich auf eine kleine, ethnisch vielseitigere Gruppe von Freunden in San Francisco, was eigene Themen mit sich bringt, sie erzählen kleinere, aber nuanciertere Geschichten und bauen weniger klischeebehaftete Charaktere auf. HBO hat ihnen genug Freiheit gegeben, nicht gezwungen unterhaltsam sein zu müssen (deswegen greift die Kategorie Komödie nicht richtig), sondern aufrichtig sein zu dürfen (was aber auch nicht einfach nur Drama ist). Es hat etwas sehr Gegenwärtiges, Normales und reduziert die Charaktere keineswegs nur auf ihre Homosexualität.
Blumenhändler Lynn (Scott Bakula) will Dom (Murray Bartlett) bei der Verwirklichung seiner Träume helfen.
Und es ist diese natürliche Art, wie die Serie eingefangen wird, die sie so ansprechend macht. Haigh hat einfach ein Talent dafür, innige, echte Momente zwischen Schauspielern einzufangen, sei es in Gesprächen oder in Liebesszenen (deswegen wurde seine intime Romanze "Weekend" hochgelobt und die beiden Hauptdarsteller aus "45 Years" bei der Berlinale ausgezeichnet). Haighs hauptsächliche Regie sowie die einiger anderer Regisseure (z.B. Ryan Fleck von "Half Nelson" und Jamie Babbitt von "Weil ich ein Mädchen bin") funktioniert besonders gut mit der sinnlichen und zeitgenössischen Kameraarbeit von Reed Moreno ("Kill Your Darlings", "The Skeleton Twins"), der über die Episoden hinweg einen konstanten Look beibehält. Auch wenn Erotik (FSK 16) dargestellt wird, geht es nicht darum, den Zuschauer sexuell zu stimulieren, sondern menschliche Echtheit einzufangen – was die Serie auch für Heterosexuelle interessant machen dürfte.
Für die Menschlichkeit und Glaubwürdigkeit sorgt die herausragende Besetzung bis in kleine Neben- oder Gastrollen. Viele der Darsteller sind offen schwul und dürften aus anderen Filmen bekannt sein (siehe Hintergrund unten). Sie spielen die schwulen Männer ohne überzogene Affektiertheit, dafür mit Wärme, Sympathie und Ernsthaftigkeit.
Die acht Episoden der ersten Staffel liefen Anfang 2014 bei HBO und bekamen neben guten Kritiken auch den laut geäußerten Unmut weniger Schwuler ab, die die Serie nicht umfangreich, nicht ultimativ genug fanden. Als wäre dies das Anliegen der Macher gewesen – oder jemals möglich. Nichts lässt sich allumfassend erzählen. Aber HBO hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Während die erste Staffel auf DVD/Bluray am 26.02.15 in Deutschland erscheint, laufen in den USA bereits die zehn Episoden der zweiten Staffel (später dieses Jahr auch wieder bei Sky).
Mit Regisseur Andrew Haigh (Mitte) am Set.
Haigh hat uns im Interview in Berlin verraten, dass die Geschichte von Anfang an auf drei Staffeln ausgelegt war. Deswegen bleibt zu hoffen, dass HBO auch grünes Licht für die dritte Staffel (oder gar noch mehr) geben wird.
Falls ihr euch die Serie kaufen wollt und über das technische Equipment verfügt, empfehlen wir euch die Bluray. Zwar sind einige Sequenzen leicht körnig, bei anderen die bessere Auflösung nicht unbedingt erforderlich, aber es sieht schon wirklich sehr schön aus. Und spätestens bei den kurzen Zwischeneinstellungen der Stadt freut man sich über das gestochen scharfe Bild: wabernde Wolken über der Stadt und die Golden Gate Bridge sahen selten so gut aus.
Leider enthalten DVD und Bluray nur ein einziges Special: eine Audiokommentarspur mit Darstellern und Crew. Keine Outtakes, keine geschnittenen Szenen, kein Making-of, nicht einmal den ursprünglichen Kurzfilm "Lorimer" gibt es als Zugabe. Man muss sich also mit den gut 4 Stunden der ersten Staffel zufrieden geben – was einerseits ausreichend ist, aber den Wunsch einiger Fans nach mehr nicht befriedigen wird.
Hintergrund:
- Jonathan Groff ist bekannt aus "Taking Woodstock", "The Normal Heart" oder "American Sniper", Murray Bartlett aus "August" und verschiedenen Serien, Russell Tovey aus "Pride", Matthew Risch aus "Test", Tanner Cohen aus "Wäre die Welt mein" sowie "My Private Go-Go", Richard Conti aus "Blue Jasmin" Gaststar Scott Bakula aus "Star Trek: Enterprise", "American Beauty", "Liberace" und "Geography Club". Raúl Castillo spielte bereits im ursprünglichen Kurzfilm "Lorimer" die Rolle des Richie.
Looking queer - Spaß muss auch mal sein.
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Fakten |
Originaltitel: Looking
Produktionsjahr: 2014 - 2015
Genre: Dramedy
Laufzeit/Folge:
30 min
Diese Serie wurde bewertet von: Martin(91%)
Texte: Martin
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Streaming-Angebote
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