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Kunstsammler Wilhelm Uhde (Ulrich Tukur) entdeckt in seiner ärmlichen, verschrobenen Putzfrau Séraphine (Yolande Moreau) eine talentierte Malerin, eine „moderne Primitive“, und fördert sie. Mehrfach ausgezeichnete Filmbiographie trotz einiger Schwächen.

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)


Im französischen Städtchen Senlis lebt die bettelarme, eigenbrötlerische, unauffällige und einfache Séraphine Louis (Yolande Moreau). Die Zotellige sucht Bäume auf, wenn sie traurig ist, und hat dort spirituelle Erlebnisse. Häufig läuft sie barfuß. Als Putzfrau verdient sie nur ein paar Sous, obwohl sie unaufhaltsam und mit viel Ruhe Böden schruppt oder in der Nonette Wäsche wäscht.

1912 zieht der deutsche Kunstkritiker und -sammler Wilhelm Uhde (Ulrich Tukur) mit Anne-Marie (Anne Bennent) nach Senlis, um Ruhe zum Schreiben zu haben. In Anne-Maries Abwesenheit steht plötzlich eine Fremde in seiner Küche und erschreckt Wilhelm. Es ist Séraphine, von der Vermieterin (Geneviève Mnich) geschickt, um reinezumachen, und Wilhelm stellt sie an.

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)

In vielen Häusern unterwegs lässt Séraphine hin und wieder etwas mitgehen: Blut aus der Küche oder Talg aus der Kirche. Das wenige Geld, das Séraphine verdient, gibt sie nicht für Kohle oder ihre Miete aus, sondern für weitere Utensilien. Nachts beginnt sie Latein zu singen, mischt ihre eigenen Farben zusammen und malt wie besessen auf Holztafeln.

Durch Zufall entdeckt Wilhelm bei der Vermieterin eines von Séraphines Bildern, welches von den Bürgerlichen belächelt wird. Doch das naive Blumenbild zieht Wilhelm in seinen Bann und er brennt darauf, mehr von Séraphines Werken zu sehen. Ihr Talent erkennend will er sie fördern, doch wegen des Kriegs muss er mit Anne-Marie flüchten und trifft Séraphine erst viele Jahre später wieder.

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)


Die einfache Putzfrau Séraphine de Senlis gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen der französischen Naiven Kunst, die ebenso wie Picasso und Henri Rousseau von dem deutschen Kunsthändler Wilhelm Uhde entdeckt wurde. Séraphine war wie alle Naiven eine Autodidaktin, doch ihre Inspiration soll mystischerer Art gewesen sein. Dies versucht Regisseur und Ko-Autor Martin Provost in seinen Film "Séraphine" einfließen zu lassen und schafft dies besser als von Trotta in ihrem Biopic "Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen".

Recht unbeschönigt werden in "Séraphine" die ärmlichen Lebensumstände der Künstlerin porträtiert. Auch ihre Schaffensepoche ist getreu dargestellt mit großartiger Ausstattung, guten Kostümen und tollen Drehorten (auch in Senlis). Die Fassaden der alten Gebäude zeigen wie das gutbürgerliche Bild, welches der Zuschauer durch Séraphines Eindringen in diese Sphären gewinnt, rissige Texturen. Darunter findet der Zuschauer Fremdenfeindlichkeit und Kunstunverständnis.

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)Aus der guten Produktion erwachsen schöne, leicht gräuliche Bilder. Zudem begeistern die Hauptdarsteller. Der mit zwei deutschen Filmpreisen ausgezeichnete Ulrich Tukur ("Das Leben der Anderen", "Solaris", "John Rabe") macht eine sehr ordentliche Figur als Kunstkritiker Uhde, doch im strahlenden Licht von der mehrfach ausgezeichneten Brüsselerin Yolande Moreau ("Die fabelhafte Welt der Amélie") erblasst selbst er.

Nachdem Moreau zuletzt in der rabenschwarzen Komödie "Louise Hires a Contract Killer" zu sehen war, überrascht ihre sehr ernsthafte, unironische Darstellung der Séraphine. Sie verleiht der Figur eine fühlbare Verschrobenheit. Die Malszenen, in denen Moreau tatsächlich selbst den Pinsel und die Finger schwingt, elektrisieren mit selbstvergessener Intensität. Aber schimmert nicht bei Séraphines späterem Künstlerruhm auch ein bisschen Louise-Ironie durch?

Doch trotz aller hervorragenden Leistungen haftet dem Film der Makel der Filmbiographie an: So wahr die Genie-nahe-dem-Wahnsinn-Geschichte auch sein mag, so unspannend ist diese. Ansatzweise – und darin überbietet "Séraphine" z.B. "Vision" – wird die Sinnlichkeit dargestellt, die einer Malerin inne sein muss, um die Welt anders wahrzunehmen, aber die konventionelle Erzählweise kratzt nur an der Oberfläche. Provost hätte mutigere Darstellungsformen für das subjektive Erleben Seraphines finden müssen, um dem Zuschauer die Welt dieser Künstlerin gänzlich zu eröffnen.


  • "Séraphine" gewann 7 Césars für beste Hauptdarstellerin, Kamera, Kostüme, Ausstattung, Musik, Drehbuch und besten Film, sowie einige weitere Preise.
  • Yolande Moreau hat 2004 mit "Wenn die Flut kommt" ihr Drehbuch- und Regiedebüt vorgelegt, für das sie zwei Césars gewann. Der César für "Séraphine" ist somit ihr dritter. Ihr ist die seltene Ehre zuteil geworden, zwei Césars als beste Hauptdarstellerin zu gewinnen.

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)

Seraphine (mit Yolande Moreau & Ulrich Tukur)

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Fakten
Originaltitel:
Séraphine
 
deutscher Kinostart am:
17.12.2009
 
Genre:
Filmbiographie / Drama
 
Regie:
Martin Provost
 
Länge:
ca. 125 Minuten
 
Kinoverleih:
Arsenal
 
Dieser Film wurde bewertet von:
Martin(70%)
 
Texte:
Martin
 
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DatumUhrzeitSender
16.09.2021 13:45 Arte
23.08.2021 20:15 Arte
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