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leer Die Stadt der Blinden


Länge Unterhaltung Spannung Action Musik Erotik Anspruch Eindruck Gesamt
** - **** - * - ***** *** 54%
 

 
In Bildern voll überbelichteter Düsternis muss Julianne Moore als einzige Sehende unter unzähligen Blinden (wie z.B. Mark Ruffalo und Danny Glover) die Abgründe der menschlichen Psyche bezwingen. Endzeit-Drama von Fernando Meirelles.

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo


Völlig ohne jede Vorwarnung kann ein Autofahrer (Yusuke Iseya) an einer Ampel nicht weiterfahren: Er ist erblindet – sieht nur noch weiß. Der freundliche Mann (Don McKellar), der ihm spontan hilft, ihn nach Hause fährt und ihn zuvorkommender Weise auch gleich noch um sein schönes Auto erleichtert, hat leider nicht lange Freude an seinem Diebesgut, da auch er schnell nur noch weiß sieht. Ebenso ergeht es innerhalb kurzer Zeit dem Augenarzt (Mark Ruffalo), der den ersten der Erkrankten untersuchte, sowie einigen seiner Patienten. Über das Krankenhaus, in dem die Meldungen zusammentreffen, wird das Gesundheitsministerium informiert. Damit beginnt eine verhängnisvolle Entwicklung.

Da die Regierung von einer lokalen Epidemie mit einer hohen Ansteckungsgefahr ausgeht, beschließt sie, alle bisher Erkrankten in einem alten Sanatorium wegzuschließen und erstmal sich selbst zu überlassen. Als der Sicherheitstrupp anrückt, um den Augenarzt abzuholen, beschließt dessen Frau (Julianne Moore) spontan, ebenfalls ihre Erblindung vorzutäuschen, um ihren Mann begleiten zu können, obwohl sie aus irgendeinem Grund immun gegen die geheimnisvolle Krankheit zu sein scheint.

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
Die Frau (Julianne Moore) will ihren Mann, den ebenfalls erblindeten
Augenarzt (Mark Ruffalo), nicht allein lassen.

Im Sanatorium verdankt der Augenarzt und weitere in ihrem Raum unterkommende 'Patienten' der einzigen Sehenden unter den ganzen Blinden, dass ihr Leben ein ganz kleines bisschen weniger unerträglich ist. Denn alle Blinden sind hier weggeschlossen, haben keinerlei Kontakt zur Außenwelt, bekommen nicht genug zu essen und noch nicht mal das Nötigste an medizinischer Ausstattung, um kleinere Verletzungen behandeln zu können.

Nachdem innerhalb der eingesperrten Gruppe soziale Spannungen in Mord und Vergewaltigungen gipfeln, scheint plötzlich ein Ausweg zu existieren. Doch außerhalb der Mauern ihrer kleinen Welt erwartet die Blinden und die eine Sehende ein geisterhaftes New York, indem jeder nur noch ums eigene Überleben kämpft...

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
Dank der Frau des Arztes (Julianne Moore), die sehen kann, ist eine Führung
durch das Sanatorium für "ihre Gruppe" nicht unmöglich...


Wer bei "Die Stadt der Blinden“ einen Thriller erwartet, bei dem der Ausbruch einer rätselhaften Krankheit kriminalistisch oder medizinisch untersucht wird, irrt gewaltig. Hier geht es nicht einmal ansatzweise darum, zu erklären, unter welcher Art von Erkrankung die Patienten leiden. Vielmehr hat sich das Autorenteam José Saramango (Romanvorlage) und Don McKellar (Drehbuch) darauf konzentriert, die soziologischen Folgen des 'Wegsperrens' von Kranken, wie man es aus Geschichtsbüchern von den Pesttürmen her kennt, innerhalb der (modernen) amerikanischen Gesellschaft auf möglichst effektvolle und drastische Weise auszumalen. Was dabei herausgekommen ist, kann man als wahrlich schwere Kinokost bezeichnen.

Gespickt mit filmischen und szenischen Mitteln (Kontraste, angeschnittene Gesichter, Spiegeleffekte, Gegensätzlichkeiten) treibt Regisseur Fernando Meireilles die Entwicklung innerhalb der 'Sanatoriumsgemeinschaft' derart auf die Spitze, dass der Zuschauer gebannt und teilweise schon entsetzt der Handlung folgt. Dabei schießt er mehr als einmal – zum Beispiel bei der Darstellung der Vergewaltigungen – deutlich über das Ziel hinaus.

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
Der Augenarzt (Mark Ruffalo) wird wohl nie erfahren,
was die geheimnisvolle Krankheit eigentlich ist...

Nach dem Filmbesuch lohnt es sich hier besonders, in die Analyse des Gesehenen einzusteigen; die Frage, warum die Frau des Augenarztes bis zum Ende nicht erblindet, bleibt selbst am Filmende ungeklärt und bietet jede Menge Potential für Interpretationen. Eine Theorie ist das gegensätzliche Verhalten: Während alle Erkrankten oberflächlich, eigennützig und ignorant auftreten, verhält sie sich anders; als der Augenarzt sie abweisen will, sucht sie seine Nähe; als sie die Möglichkeit hat, in Freiheit zu bleiben, täuscht sie die Krankheit vor, um ihrem Mann zu helfen; im Kontrast zur allgemeinen Resignation steht sie auf und beendet die Tyrannei im Sanatorium – und zwar ohne sich selbst direkt einen Vorteil davon verschafft zu haben.

Fernando Meirelles unterstützt diese Theorie der Gegensätzlichkeit durch verschiedene filmische Mittel. Julianne Moore ist gerade im ersten Filmdrittel häufig durch Spiegel zu sehen. Weiterhin fällt bei allen anderen Personen der geringe Abstand zwischen Kamera und Objekt auf: Hier wird durch 'übernahe' Aufnahmen die Distanziertheit zwischen den einzelnen Personen ausgedrückt. Selbst am Filmende, an dem sie mehrmals die Attacken anderer Hilfe-suchender Personen brüsk abwehrt, bleibt sie einer Grundidee treu: Sie 'sieht', womit sie 'ihrer Gruppe' (und nicht sich selbst) am meisten helfen kann – und kann dadurch nicht erblinden...

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
Der Mann mit der Augenklappe (Danny Glover).

Neben Julianne Moore, die hier ein Wechselbad der Gefühle ausdrücken und damit den Film zu einem guten Drittel alleine stemmen muss, agiert eine feine Riege von Darstellern, denen es überzeugend gelingt, so aufzutreten, dass man glaubt, sie seien wirklich blind. Außer Mark Ruffalo als Augenarzt, muss man hier auf jeden Fall noch Danny Glover und Gael García positiv erwähnen.

"Die Stadt der Blinden“ ist anspruchsvolle Kinokost, die Stoff für Analysen der menschlichen Psyche und darauf aufbauende Gedankenspiele bietet. Dank seines eher geringen Unterhaltungswertes und einigen schonungslos (über-)harten Szenen ist der Film darüber hinaus jedoch eher nicht zu empfehlen.

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
New York City gleicht einer Geisterstadt...

Die Stadt der Blinden mit Julianne Moore und Mark Ruffalo
Die Frau (Julian Moore) ist die einzige Person, die sehen kann.

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Fakten
Originaltitel:
Blindness
 
deutscher Kinostart am:
23.10.2008
 
Genre:
Drama
 
Regie:
Fernando Meirelles
 
Länge:
ca. 121 Minuten
 
FSK der Kinofassung:
ab 12 freigegeben
mit Eltern ab sechs Jahren erlaubt
 
Kinoverleih:
Kinowelt
 
Dieser Film wurde bewertet von:
RS(54%)
 
Texte:
RS
 
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Synchronsprecher

SchauspielerSynchronsprecher
Julianne MoorePetra Barthel
Mark RuffaloNorman Matt
Alice BragaVera Teltz

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TV-Termine

DatumUhrzeitSender
06.02.2018 ²) 01:10 ARD
27.10.2016 ²) 01:55 ARD
²) Sendezeiten bis 05:00 Uhr sind in der Nacht zum Folgetag.
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